AfrikaTour 1993/1994
Thomas Klabunde und Uwe Velten
AfrikaTour 1993/1994
Thomas Klabunde und Uwe Velten
Der Vormittag wird zum letzten Mal zum Sonnenbaden genutzt um gegen 14.00 Uhr Richtung Tansania aufzubrechen und unser kleines Paradies zu verlassen. Wieder einmal heißt es Ungewissheit und Abenteuer für ein neues Land. Für den Grenzübergang benötigen wir 2 Stunden und kommen glimpflich mit 10 US$ für Visa und 61 US$ für die "Road-Lizenz" weg. Direkt die erste Möglichkeit nach der Grenze biegen wir links ab in Richtung Meer, doch schon nach einigen Metern fahren wir uns ohne das Meer zu sehen im Sand fest. Dabei lernen wir, dass Sand noch gemeiner sein kann als Schlamm und Matsch. Nach einer Stunde haben wir uns dann frei gegraben. Da es langsam dämmert, schlagen wir unser Lager direkt neben dem Weg auf. Nachdem wir total zerstochen im Zelt liegen, hält ein LKW vor unserem Zelt. Nach kurzer Zeit stellen wir fest, dass das gesamte Dorf auf dem LKW befindet, und sich nun um unser Zelt versammelt hat. Ein Schwarzer, der einigermaßen der englischen Sprache mächtig ist, ergreift das Wort und gibt uns zu verstehen, dass sie Angst vor uns haben (mindestens 50 gegen 2). Sie vermuten, dass wir Waffen besitzen und wie Vampire (dieses Wort verwendeten sie wirklich!!!) ihre Augen und ihr Blut klauen wollen. Die Sache erscheint uns so absurd, dass wir es zunächst für einen Scherz halten. Doch dies ist kein Scherz, wie sich zu unserem Schrecken herausstellt. Die Leute erweisen sich als total verdreht und spinnen ein Zeug, dass jeder normale Mensch zu zweifeln anfängt. Nachdem wir unsere Namen genannt haben, ziehen sie noch immer beunruhigt ab. Scheinbar haben wir die Ernsthaftigkeit ihrer Behauptungen total unterschätzt. Nach ca. 1 Stunde erscheinen sie erneut mit einem Polizisten. Der Polizist merkt sofort, dass meine Nerven nun am Ende sind und ich kann einen gewissen Unterton nicht ganz vermeiden. Deshalb macht der Polizist auch weiter keinen Aufwand und erklärt den Dorfbewohnern, dass wir wahrscheinlich keine Vampire sind. Dies beweist ein kurzer Blick auf unsere Eckzähne. Alles im allem: "Don’t worry be Happy".
Früh morgens brechen wir auf nach Tanga, um uns mit tansanischen Geld zu versorgen. Tanga ist eine recht gut ausgestattete Stadt. Nachdem wir eingekauft haben, fahren wir noch zum "Swimming-Club" an den Strand und verbringen den Rest des Nachmittags mit schwimmen. Die Übernachtung bei der Polizei für 100.00 US$ erscheint uns leicht überhöht und wir fahren weiter in ein kleines Dorf. Hier werden wir von allen herzlich Empfangen und bekommen sogar einen tollen Zeltplatz gezeigt [incl. Security]. Was uns ein bisschen traurig stimmt ist, dass uns Kinder zum Kauf angeboten werden. Allerdings bekommen wir langsam wieder die Hoffnung, dass nicht alle Tansanier spinnen und verrückt sind. Doch zu früh gefreut, denn kurz vor dem ins Bett gehen, kommt noch einer der Dorfältesten, der Angst um unsere Sicherheit hat. Es läuft darauf hinaus, dass wir weiterfahren und ein enttäuschtes Dorf zurücklassen müssen. So verbringen wir die Nacht in einer Kiesgrube.
Heiligabend in der Kiesgrube !
Glücklich wachen wir in der Kiesgrube auf, und bereuen schon, dass wir das Paradies bei Hans verlassen haben. Die Weihnachtswoche haben wir uns eigentlich etwas netter vorgestellt. Wieder brechen wir auf, um ein schönes Plätzchen für den Abend zu finden. Dies erweist sich als nicht einfach, doch gegen Abend scheinen wir Glück zu haben. Auf einem Wochenendgrundstück von Basungus finden wir unsere Ruhe. Alles ist schön und wir verbringen den Abend mit "Kimbo-Light", Bratkartoffeln und einer leckeren Zwiebel-Pilli-Pilli-Soße an der Beach.
Um 9.00 Uhr treffen die Basungus (2 Holländer) ein, und der Neger, der uns gestern auf das Grundstück gelassen hat, bekommt eine Standpredigt. Sie finden es nicht "Nice" hier anzukommen und Fremde vorzufinden. Doch nach einigen Minuten hat sich Ihre Wut gelegt und als Gegenleistung für die Fütterung Ihres Hundes und Ihrer Hühner dürfen wir noch eine Nacht bleiben. Der Tag und Abend wird herrlich entspannend. Zudem klettern wir am Strand auf einige Palmen und pflücken unsere ersten eigenen Kokosnüsse.
Nach einem ausgiebigen Frühstück geht es ins Wasser zum Planschen. Durch irgendeinen unglücklichen Zufall hat Thomas beim Raufen seine Uhr verloren. Wir haben noch 2 Stunden nach der Uhr getaucht, doch sie tauchte nicht mehr auf. Bei der Gelegenheit haben wir uns noch einen tierischen Sonnenbrand im Gesicht geholt. Ab jetzt müssen wir wieder mit meiner Uhr auskommen, bei der der Wecker und einige Segmente der Anzeige nicht mehr funktionieren.
Auf dem Weg nach Pangani sind wir bei dem YMCA vorbeigekommen. Wir entschließen uns hier zu bleiben, da wir hier ein herrliches Plätzchen mit einem traumhaften Strand vorfinden. In Pangani werden dann noch einige Lebensmittel und 8 Büchsen Bier gekauft. Um unser Maismehl loszuwerden, koche ich Ugali (Maismehl in kochendes Wasser einrühren). Thomas meint, dass es schauderhaft schmeckt und er kann die Schwarzen nicht verstehen, die das den ganzen Tag über essen. Na ja, vielleicht mögen sie es ja auch nicht und essen es nur weil es so billig ist. Am Abend trinken wir zum ersten mal wieder richtiges Bier. (Heineken)
Den Tag über haben wir gebadet und in unseren Fachbüchern geschmökert. Eigentlich wieder recht entspannend und es passiert auch nichts. Doch in der Nacht fing der reinste Horror an. Gegen 10.00 Uhr bin ich noch einmal aufgestanden um auf Toilette zu gehen. Dabei habe ich mir den Fuß an einem Hering gestoßen und genau an der Stelle aufgerissen, wo mein Abszess war. Thomas hat "schnell" das Verbandszeug aus dem Kofferraum geholt und eine "Notoperation" vorgenommen. Nach 5 min. war der erste Schrecken vorbei und wir haben uns wieder hingelegt. Gegen 11.00 Uhr habe ich dann irgend etwas außerhalb des Zeltes gehört und sah ein Gesicht am Zelteingang. Ich weckte Thomas um ihm dies zu sagen aber wir waren beide der irrtümlichen Meinung, dass dieser Neger sich nur unser Zelt ansehen wollte. Wir haben nur etwas Angst um unsere Badehosen, die wir am Auto zum Trocknen angehangen haben. Dennoch unternahmen wir nichts und drehten uns wieder um. So gegen 12.00 Uhr wurde es dann ernst. Jemand drang mit einem Messer in unser Zelt ein und wollte vermutlich unsere Wertsachen entwenden. Was er genau vorhatte, können wir nicht mit Gewissheit sagen. Zum Glück war ich noch nicht fest am schlafen und Thomas wachte auch sofort auf, so dass wir direkt durch laute Schreie Alarm schlagen konnten. Wer weiß was passiert wäre, wenn wir fest geschlafen hätten. Wir sind direkt aus dem Zelt gestürmt und sahen, wie ein weiterer Schwarzer davonlief. Der andere stand unsicher mit dem Messer vor mir und zögerte. Von unserem lauten Geschrei geweckt kamen schon die Mitarbeiter vom YMCA mit Pfeil und Bogen bewaffnet angelaufen. Nun nahm auch der zweite seine Füße in die Hände. Der Schrecken war groß, denn fast alle Sachen waren aus dem Wagen gestohlen worden. Die beiden YMCA-Angestellten haben direkt die Verfolgung aufgenommen und wir haben unsere restlichen Sachen gepackt und sind zur Polizei nach Pangani gefahren.
Da uns fast alle Klamotten gestohlen wurden, musste Thomas in Unterhose und T-Shirt und ich in Shorts auf der Polizeiwache erscheinen. Zuerst wurden einige andere Polizisten geweckt und ein Protokoll mit allen entwendeten Sachen aufgenommen. In der Zeit bin ich mit einigen Polizisten zurück zum YMCA gefahren und wir haben die Verfolgung der Diebe aufgenommen. Durch Zeugenaussagen konnten sie die Spur der Diebe noch etwa 2 km verfolgen. Nach einer relativ harten Fahrt auf der Ladefläche eines Jeeps und stundenlangem durchqueren von unwegsamem Gelände konnten wir das Lieblingsshirt von Thomas und meine Lieblingsstreifenhose, sowie ein Handtuch und ein paar Kleinigkeiten finden. Für immer verschwunden blieben der größte Teil unserer Klamotten incl. Schuhe, ein Teil der wichtigen Medikamente, unsere bisher gemachten Filme von Ägypten und Uganda, und einige Kleinigkeiten, wie Kompass und Rasierer. Gegen 4.00 Uhr sind wir dann zum YMCA zurückgefahren und haben noch 2 Stunden versucht im Auto zu schlafen. Am Vormittag ging es dann wieder zur Polizei, wo ein richtiges Protokoll aufgenommen wurde. Ein Suchtrupp hatte an diesem Vormittag kein Erfolg. Während wir gerade an der Polizeistation im Auto warteten, passierte noch etwas, was uns das Blut in den Adern gefrieren ließ. Um uns herum wurden auf einmal alle unruhig und liefen in großer Aufregung von uns fort. Wir konnten die Situation nicht mehr richtig einschätzen und blieben im Auto sitzen, was sich auch als richtig erwies, als plötzlich ein riesiger dicker Ast auf das Heck des Autos stürzte. Zum Glück wurde der Aufprall durch ein Stromkabel gebremst und nur die dünneren Zweige trafen die Heckscheibe. Wir und das Auto blieben zum Glück ohne Schaden. Uns wurde der Staat "Tansania" immer unheimlicher. Er muss wohl etwas gegen uns haben !!! Um wenigsten die Filme wieder zu bekommen, haben wir noch ein Belohnung von 100 US$ ausgesetzt. Den Nachmittag haben wir dafür genutzt erst einmal die wichtigsten Dinge, wie Shorts, T-Shirts (vermutlich auch gestohlen, wie sich später auch bestätigte), Schuhe für Thomas und zwei Messer zu kaufen. Nach langem hin und her konnten wir die Nacht dann in der Nähe der Polizeistation zelten. Wir waren so aufgeputscht, dass wir ziemlich unruhig geschlafen haben. Vor allem mir saß der Schrecken noch sehr tief in den Knochen.
Auch heute morgen haben wir noch einmal alle Hebel in Bewegung gesetzt um wenigstens einen Teil unserer Klamotten wieder zu be-schaffen. Doch alles war erfolglos. Offensichtlich handelte es sich hierbei um Profis von außerhalb und nicht im welche aus den umliegenden Dörfern. Die Sachen wurden wahrscheinlich schon in der Nacht in Sicherheit geschafft, vielleicht sogar schon nach Daressalam oder Tanga. Gegen Mittag sind wir dann mit dem Protokoll in Richtung Tanga aufgebrochen. Dort haben wir noch gut gegessen und unser letztes Geld ausgegeben. Auf dem Schwarzmarkt hat jeder von uns noch eine geniale Jeans für 7.00 DM bzw. 10.00 DM gekauft. Die Auswahl war International (von C&A, USA bis Japan), so daß für uns feststand, diese Sachen sind auch gestohlen. Während dieser Zeit haben sie allerdings noch mein letztes Paar Schuhe gestohlen, was ich dem genialen Meisterdieb aber auch von Herzen gönne. Er hat mir die Schuhe bei geschlossener Tür aus dem Fußraum zwischen den Beinen durch die Scheiben gestohlen. Das habe weder ich noch Thomas gemerkt, einfach nur genial !!! Aus diesem Grund haben wir dann auch endlich die Flucht zurück nach Kenia ergriffen, bevor uns noch die letzte Unterhose vom Leib geklaut wird, ohne dass wir es merken. Gegen Mitternacht haben wir dann die Grenze ohne Probleme überquert und am Straßenrand im Auto übernachtet.
Bisher hatten wir sehr viel Glück gehabt und auch nie Probleme mit der Bevölkerung gehabt. Leider hat sich dies in Tansania geändert und auch unseren Aufenthalt zum Horrortrip werden lassen. Ursprünglich wollten wir länger in Tansania bleiben und auch das Landesinnere erkunden, aber die Einwohner erwiesen sich fast durch weg als krank und verrückt. Wir hatten echte Schwierigkeiten mit der Bevölkerung klar zu kommen, die vor der Deutschen Vereinigung unter dem Einfluss der DDR standen. Es wäre sicherlich falsch zu sagen, dass die Bewohner alles nur verrückte Diebe sind, da wir dafür zu kurz in Tansania waren. Es mag sein, dass wir in dieser Zeit einfach nur unglaublich viel Pech gehabt haben. Leider war unsere Stimmung in Tansania soweit abgesunken, dass wir fast nach Hause geflogen wären. Zum Glück haben wir diese negativen Erlebnisse schnell verarbeitet und wieder einen Neustart gemacht. Uns ist Tansania so negativ in Erinnerung geblieben, dass wir vorerst nicht mehr hierhin reisen werden.
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